… und der kostet das Leben!
Gestern traute ich meinen Augen nicht als ich morgens in der Timeline las: „Alexandra Widmer – Ich verabschiede mich von dir“
„Wie? Verabschieden? Wie meint sie das?“ fragte ich mich. Gerade hatte sie den EmotionAWARD gewonnen und den Vertrag für ein zweites Buch unterschrieben. Wahrscheinlich geht sie also nur in Klausur, um mit dem Schreiben voranzukommen.
Aber nein, „Ich verabschiede mich von Dir, da ich das Projekt „Stark und alleinerziehend“ beende“ stand da, und sie will alle Vorträge und auch das zweite Buch absagen um sich wieder der Medizin, der Psychotherapie und ihren Kindern widmen zu können.
Bloggen ist nur für die Leser gratis
Unter ihren Lesern herrschte eine Mischung aus Dankbarkeit für ihr Engagement und Verständnis für diese Entscheidung, aber auch die Enttäuschung und die Angst, jetzt alleine dazustehen, schwangen mit.
Bei einigen schwappte die Enttäuschung sogar in Ärger um. „Jetzt hat sie „uns“ eine Stimme gegeben und nun fällt ihr auf, dass es nicht das ist, was sie gerne tut. Ich bin super enttäuscht und ein bisschen sauer – stocksauer“, las ich da. „Hat die Dame einen Nervenzusammenbruch oder genug verdient?“
Es ist anscheinend ein verbreiteter Irrglaube, dass man alleine durch Medienpräsenz und Facebook-Fans Geld verdient, ja sogar reich wird. Aber wie soll das gehen?
Alexandra hat für keinen einzigen ihrer Artikel auf ihrer Website etwas verlangt. Sie hat nur unglaublich viel Zeit, Energie, Menschenverstand und Herzenswärme hineingesteckt – und natürlich auch Geld, denn eine Website zu unterhalten, kostet Geld.
Unter ihren Posts auf Facebook häuften sich die Kommentare, 50, 60, 70 und noch mehr waren die Regel. Ehrlich gesagt habe ich mich oft gefragt, wie sie es nur schafft, auf jeden einzelnen individuell, oft sogar ausführlich, zu reagieren. Woher nahm sie bloß die Zeit neben der wirklichen Arbeit, mit der sie ihr Leben finanzieren musste?
Wie kann man allen Ernstes von ihr verlangen, dass sie das Projekt bis ans Ende ihrer Tage weiterführen muss? Und das auch noch gratis?
Gratis ist nicht kostenlos
Was das Internet angeht, sind wir mit kostenlosen Leistungen verwöhnt. Es wimmelt geradezu von Apps und Artikeln, die umsonst sind. Aber das ist mitnichten der Fall. Es mag sein, dass vieles kein Geld kosten. Aber dafür bekommen die Anbieter etwas sehr viel Wertvolleres. Sie bekommen all unsere Daten und das lässt sich über personalisierte Werbung zu richtig viel Geld machen.
Aber Alexandras Projekt „Stark und Alleinerziehend“ war absolut werbefrei. Sie hat also über ihren Blog und die intensive und sehr individuelle Unterstützung keinen Cent verdient.
Nicht mal das Buch rechnet sich unterm Strich.
Alles hat seinen Preis
Vielleicht ist es Zeit umzudenken? Wir müssen erkennen, dass Leistungen ihren gerechtfertigten Preis haben. Wenn ich Eier von einem Hof möchte, auf dem die männlichen Küken nicht geschreddert werden, muss ich dafür bezahlen. Auch Schokolade muss mehr als -,89 € kosten, sonst geht es zu Lasten der Kakaobauern und deren Kinder, weil die schuften müssen anstatt in die Schule zu gehen.
Wenn uns jemand eine Stimme verleiht, viel Herzblut und Zeit reinsteckt, dann muss uns das etwas wert sein.
Natürlich schwimmen wir alle nicht im Geld und müssen haushalten. Aber ich finde, es gibt sinnvollere Möglichkeiten zu sparen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Müssen die abertausend Coffees to go sein? Die sind teuer und verschmutzen die Umwelt.
Mein Opa – übrigens ein sehr sparsamer Mensch – sagte schon zu mir als Kind: „Umsonst ist der Tod – und der kostet das Leben!“
Carola Fuchs
Liebe Carola,
als ich die Entscheidung von Alexandra gelesen habe, hat es mich erstaunt und gleichzeitig habe ich sie sehr gut verstanden. Sie schreibt aktuell und es wird stimmen, es ist mindestens ein Teilzeitjob, nicht nur ein unbezahlter, nein einer der eigenes Geld kostet. Abends über fb etc. ein bisschen Lob und Zustimmung zu bekommen ist schön, aber zu wenig. Es sind eine Handvoll, die wirklich etwas tun, allen voran Christine! Viele gucken zu oder machen Vorschläge, was diejenigen, die etwas tun, noch tun könnten. Zur ungerechten Besteuerung haben ganz aktuell eine Handvoll (s.o.) tolle Aktive eine Kampagne gestartet –> http://www.fair-fuer-kinder.de. Das alles kostet sehr viel Kraft, Geld , ZEIT und ENERGIE. Ich verstehe Alexandras Entscheidung sehr sehr gut und beglückwünsche sie dazu. Es hat bestimmt auch was erleichterndes. Für Frauen wie Alexandra und Christine müssten Stiftungen zur Unterstützung aktiviert werden und zwar von den anderen.
Alexandra Chapeau!!
Liebe Reina, vielen Dank für diesen Kommentar!
Stiftungen sind ein gute Sache. Ich denke aber auch, dass diejenigen, die von den Artikeln, den Podcasts und Posts Unterstützung erfahren, das nicht gratis in Anspruch nehmen sollten!
Ihr Buch zu kaufen wäre das Mindeste, was ich von ihren Fans erwarten würde.
Aber es herrscht leider die Einstellung vor “Warum soll ich 19.99 € ausgeben, wenn ich auf ihrem Blog das Meiste kostenlos lesen kann?”
das kann nicht funktionieren.
Hey, super geschrieben.
Ich bin auch sehr traurig. Was können wir tun? Ich wäre schon bereit dieser super ausgebildeten und in persönlicher Kenntnis gesetzten Stimme eine finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen.
Jedoch glaube ich, dass sie es gerade hinter sich bringt und persönlich Abstand gewinnen möchte. Das sollten wir alle respektieren und auch als Beispiel einer Entwicklung des Alleinerziehendendaseins annehmen. Die Wut verliert an Antriebskraft. Die schönen aktuellen Momente werden häufiger und haben es verdient wahrgenommenen und genossen zu werden.
Ich bin mir sicher, wir werden von ihr hören. Aber….. ihre Umorientierung ist gelungen und sie könnte ihr Projekt vielleicht gar nicht mehr so authentisch weiterführen wie bisher, da ihr Antrieb nun woanders liegt.
Nochmals, großes Danke an Alexandra Widmer!!!